Die 4 Stufen und Hindernisse

19.02.2021

Meine Eltern führten einen Gärtnereibetrieb mit angeschlossenem Blumenladen. Die Kindheit in dieser Umgebung hat viele Bilder ins Unbewusste absinken lassen. Jahrzehnte später, der Betrieb war inzwischen einer Wohnsiedlung gewichen und ich bereits ein paar Jahre mit dem Kursstudium beschäftigt, hatte ich beim Aufwachen die Erinnerung an folgenden Traum: Ich hatte eben einen großen Düngersack, wie er typischerweise in einer Gärtnerei verwendet wird, gesehen, der schon beinahe leer war. Der Düngersack steht symbolisch für das Ego und der Inhalt für die Substanz, die das Ego ausmacht: die im Unbewussten verborgene Schuld. Durch wahre Vergebung wird die Schuld weniger und wir verbringen mehr Zeit im Frieden. Trotzdem ist das Ego noch vorhanden und wenn wir im Ego sind, erleben wir es zu 100 Prozent, unabhängig davon, wie viel Substanz noch dahinter steckt.

Kurz darauf besuchte ich ein Mitglied aus unserer Kursgruppe zuhause, um mich einem geistigen Heilungsritual zu unterziehen. Wir unterhielten uns über dies und jenes. Er zeigte mir Bilder von seiner Reise auf die Philippinen, wo er durch Vermittlung eines befreundeten Heilers in die Praxis des Heilungsrituals eingeführt wurde und dessen vielfältige Anwendung bei der lokalen Bevölkerung miterleben durfte. Danach setzten wir uns an einen Tisch, auf dem allerhand Figuren, Kerzen und Bücher aufgestellt waren. Der Tisch diente als Altar für das Ritual. Aus der Musikanlage erklang leise Meditationsmusik, als mit dem Ritual begonnen wurde. Zuerst verband er sich in einer Art Trancezustand mit der geistigen Welt, bat sie um Erlaubnis, in die geistige Welt eintreten und das Heilungsritual mit deren Hilfe durchführen zu dürfen. Es schien möglich zu sein. Er machte weiter und tastete nach einigen Momenten Körperstellen zwecks Heilung nach Beschwerden ab. Auf eine Frage meinerseits ging er weiter in sich und meinte, ich könne das auch selber tun, denn ich wisse ja, wie es geht. Im weiteren Verlauf des Rituals stieß er wie auf eine Art Hindernis, etwas, das ihn stutzig machte. Er ging tiefer hinein und stellte erstaunt fest, dass meine Seele nicht glücklich war mit dem spirituellen Weg, den ich ging, weil ich ihn ohne sie unternähme und sie gerne mitkommen würde. Er schlug vor, dass ich meiner Seele einen Namen gäbe und sie auf dem spirituellen Weg mit diesem Namen mitnehmen würde. Ohne es auszusprechen kam mir der Gedanke, dass es sich bei dieser Seele um das Ego handeln würde und ich aus Sicht dieses Denksystems auf dem Weg war, seelenlos zu werden.

Später dachte ich über das Erlebte nach. Gleichzeitig war ich am Lesen von NTI (The Holy Spirit's Interpretation of the New Testament - Die Interpretation des Neuen Testaments durch den Heiligen Geist). Ich machte den zweiten Lesedurchgang ohne Erläuterungen von Regina wie beim ersten Mal, sondern ließ mir den Text von innen heraus zum Verständnis bringen. In NTI ist die Rede von vier Stufen, welche wir auf dem spirituellen Weg durchlaufen. Diese Idee, zusammen mit der Erfahrung, dass ich seelenlos - oder besser gesagt, egolos - werden könnte, fühlte sich an, als ob wieder eine große Anzahl von Puzzlestücken an ihren rechtmäßigen Platz fielen und mir einen weiteren Teil eines größeren Bildes offenbarten, wie schon vor einem Jahr beim ersten Durchgang mit NTI. Und das geht folgendermaßen. Auf jeder Stufe gibt es viel zu lernen und loszulassen. Wenn das Gelernte akzeptiert ist und die Bereitschaft für das Loslassen von Ideen, die nicht mehr hilfreich sind, angewachsen ist, erfolgt der Schritt auf die nächste Stufe. Das Loslassen mag sich anfühlen wie das Überwinden eines Hindernisses. Ein Kurs in Wundern spricht denn auch von den vier Hindernissen, über welche der Frieden hinwegfließen muss, um jedes einzelne aufzulösen. Das erste Hindernis ist der Wunsch, ihn loszuwerden und die Anziehungskraft der Schuld. Das zweite Hindernis ist der Glaube, dass der Körper wertvoll sei um dessentwillen, was er bietet und die Anziehungskraft des Schmerzes. Das dritte Hindernis ist die Anziehung des Todes und der unverwesliche Körper. Das vierte Hindernis ist die Angst vor Gott und das Lüften des Schleiers. (T-19.IV)

Auf jeder Stufe scheinen andere Themen in den Vordergrund zu rücken. Die Illusion des Universums von Gary Renard spricht ab Seite 61 von den vier wichtigen Einstellungen beim Lernen, die wir bei unserer Rückkehr zu Gott durchschreiten werden. Dies sind Dualismus, Halb-Dualismus, Nichtdualismus und reiner Nichtdualismus. Jeder durchläuft alle vier Einstellungen oder Stufen, und jeder springt manchmal unvermittelt von der einen auf die andere vor und zurück. Auf jeder Stufe herrschen andere Gedanken und entsprechende Erfahrungen vor, und je nach unserer jeweiligen Lerneinstellung deuten wir die gleiche Schrift immer wieder anders. Dies erklärt, weshalb der Kurs auf so vielfältige Weise gedeutet und mit anderen spirituellen Denksystemen vermischt wird, denn auf den ersten beiden Stufen praktizieren wir Spiritualität mit dem Ego. Auf der dritten Stufe lernen wir, dass wir die Wahl zwischen zwei Lehrern haben. Sind wir bereit, als unser eigener Lehrer (Ego) zurückzutreten und dem Heiligen Geist in uns als Lehrer zu folgen, dann ist die Entscheidung gefallen, dass wir den Kurs so wie er ist wirklich verstehen können, da er unzweideutig ist.

Das Voranschreiten auf dem spirituellen Weg zieht sich über unzählige Traumleben hinweg. In jedem Traumleben steigen wir auf diejenige Stufe hoch, entsprechend den nicht mehr hilfreichen Ideen, die wir bereit sind loszulassen, und den auf dieser Stufe herrschenden Ideen, die wir bereit sind zu akzeptieren. Dieser Aufstiegsprozess spielt sich sowohl individuell wie kollektiv für die gesamte Menschheit über Zehntausende, wenn nicht Millionen von Jahren ab. In der nachfolgenden Grafik sind die wichtigsten Punkte zusammengefasst.

Die erste Stufe

Die Reise mag dem unbestimmten Gefühl beginnen, dass es mehr als nur das Physische geben müsste. Es mag begleitet sein vom inneren Verlangen nach mehr Frieden. Daraus hat sich schon zu Urzeiten das Denksystem hinter dem Schamanismus entwickelt, wie es auf der ganzen Welt in vermutlich allen Kulturen unter verschiedenen Bezeichnungen verbreitet ist. Schamanismus mag als Naturreligion, Ahnenkult oder heidnische Rituale auftauchen, ohne dass es direkt als Schamanismus bezeichnet wird, wie beispielsweise Shintoismus. Der Grundgedanke ist, dass es neben der physischen Welt, wie die andere Seite derselben Medaille, eine geistige Welt gibt. Die geistige Welt scheint genauso wirklich zu sein wie die physische. Sie ist bevölkert von geistigen Wesen, Individuen, genauso wie die physische Welt. Den geistigen Wesen werden persönliche Eigenschaften zugeschrieben. Der Schamane versucht sich die hilfreichen, oft als Krafttiere bezeichnet, nutzbar zu machen. Die schamanische Praxis kann als eine Art aktives Träumen mit einer bewussten Absicht verstanden werden, der Klärung oder Heilung einer Situation. In indigenen Kulturen kann diese Praxis mit viel Geheimwissen verbunden sein. Die Traumerfahrungen werden oftmals als ebenbürtige Wirklichkeit angesehen. Ungeachtet der Form oder Kultur wird aber immer Material aus dem Unbewussten aufgedeckt.

Mit dem Entstehen der ersten städtischen Hochkulturen wurde die Geisterwelt in eine Götterwelt umgedeutet. In den Götterwelten der antiken babylonischen, ägyptischen und griechischen Kulturen haben die vielen Gottheiten doch meist sehr menschliche Eigenschaften und sehr menschenähnliche Konflikte untereinander. Anstelle der Schamanen treten nun Priester als Zeremonienmeister auf und anstatt der Krafttiere werden nun Orakel und dergleichen befragt. Doch der durch viele Geheimnisse verschleierte Inhalt hat sich nicht geändert. Nur ausgewählten Eingeweihten wird der Zugang zum rituellen Wissen gewährt, streng darauf bedacht, das Geheimwissen zu bewahren.

Zentrales Element in allen Götterkulten ist die Opferdarbietung. Was in schamanischen Ritualen noch das harmlose Entfachen eines Räucherwerks ist, hat sich in Götterkulten zu Opfergaben von Tieren und sogar Menschen gesteigert, im Bestreben, die Götter oder Naturgewalten zu besänftigen. Dies kann nur aus einer immensen kollektiven Angst heraus verstanden werden. Die Energie jeder Angst wird aus der unbewussten Schuld gespeist. Das Opferwesen ist folglich Ausdruck der gewaltigen Anziehungskraft der Schuld, dem ersten Hindernis, über welches der Frieden hinwegfließen muss, und gleichzeitig eng verbunden mit dem zweiten Hindernis: Der Glaube, der Körper sei wertvoll um dessentwillen, was er bietet. Die Identifikation mit dem Körper ist zwangsläufig mit der Erfahrung von Schmerz verbunden. Hier wird die Anziehungskraft der Schuld im Körper manifest gemacht und durch die Anziehungskraft des Schmerzes erfahren. Was kann das anderes sein als eine weitere sinnentleerte Form der Opferdarbietung? "Der Schmerz ist das einzige 'Opfer', das der Heilige Geist fordert, und diesen möchteer entfernen." (T-19.IV-B.3:7)

Auf dieser Stufe wird gelernt, dass die physische Welt nicht alles ist, was es gibt. In schamanischen Ritualen kann das Hinausgehen über die Einschränkungen des Körpers erfahren werden. Man erfährt sich jedoch in einem immer wiederkehrenden Kreislauf von Tod und Wiedergeburt. Mit dem Eintritt in diese Stufe wird das erste Hindernis überwunden und der Weg zum Überwinden des zweiten frei gemacht. Die Idee der individuellen Existenz wird aber nicht infrage gestellt. Dabei sollte klar werden, dass weder die Geisterwelt noch die Götterwelt auch nur im Entferntesten etwas mit dem Himmelreich zu tun haben, denn die Menschen haben ihre Götter nach ihrem eigenen Ebenbild erschaffen. In organisierten Religionen kann zudem deutlich beobachtet werden, wie die unbewusste Schuld externalisiert wird. Die Probleme scheinen irgendwo draußen zu liegen.

Die zweite Stufe

Auf der zweiten Stufe ist der Wert des Opferns, Schmerzes und Leidens soweit infrage gestellt, dass deren endgültige Überwindung in den Mittelpunkt rückt. Ein bekanntes und weit verbreitetes Denksystem, um über diese Stufe hinaus auf die nächste zu gelangen, ist der Buddhismus. Siddhartha, der historische Buddha, wuchs in einer abgeschotteten Umgebung voller Reichtum und Überfluss auf. Eines Tages brach er aus seiner gewohnten Umgebung aus und wurde in der Welt außerhalb davon mit Armut, Krankheit und Leiden konfrontiert. Was er sah, war für ihn schlichtweg nicht annehmbar. Fortan war er vom Gedanken beseelt, herauszufinden, wie das möglich sei und wie alles Leiden überwunden werden konnte. Seine wahre Größe lag darin, dass er sich nicht täuschen ließ. Er suchte so lange, ließ so viele nicht weiterführende Gedanken los, bis er schließlich aus dem Träumen der Welt erwachte. Er erkannte, dass alle Erscheinungen von Raum und Zeit von einem einzigen Geist hervorgebracht werden, die Idee einer individuellen Existenz eine Täuschung ist und alles Leiden von den Begehren und vom Urteilen kommt. Vermischt mit anderen Ideen wird seine Lehre in den verschiedenen Formen des Buddhismus wiedergegeben. Es entstand die Idee, dass sich der eine alles hervorbringende Geist in einem evolutionären Prozess befindet. Und in der Tat erschaffe ich durch meine Denktätigkeit in jedem Augenblick meine eigene Welt durch meine eigenen Gedanken. "Der Geist ist sehr machtvoll und büßt seine schöpferische Kraft nie ein. Er schläft nie. Jeden Augenblick erschafft er. Es gibt keine nichtigen Gedanken. Alles Denken bringt Form auf irgendeiner Ebene hervor." (T-2.VI.9:5-7,13-14) Buddhisten beschäftigten sich nicht mit Gott. Vielmehr erfahren sie sich im Zustand der Erleuchtung selbst als erste Ursache allen Seins, erkennen aber nicht, dass das eine Täuschung ist.

In Denksystemen mit einem Gott wird auf dieser Stufe die Idee eines rachsüchtigen und strafenden Gottes zunehmend von der Einsicht abgelöst, dass Gott Liebe ist. Und dennoch fällt der Tod wie ein dunkler Schatten auf alles Lebendige, denn nichts in der Welt des ständigen Wandels überdauert die Zeit. Die Angst vor dem Tod ist eigentlich deren Anziehungskraft. Im Tod wird zuweilen die Kraft der Erneuerung gesehen oder der ewige Frieden erwartet. "Doch der Rückzug in den Tod ist nicht das Ende des Konflikts." (T-19.IV-C.7:3) "Die Welt kann nicht durch den Tod verlassen werden, sondern nur durch die Wahrheit." (T-3.VII.6:11) Im Umgang mit dem Tod sollten wir soweit kommen, dass wir an ihm vorbeigehen als das, was er ist, ein Übergang von einer Form des Träumens in eine andere, und sich den Inhalt in Erinnerung rufen.

Die Essenz des Geistes ist unsterblich. Wenn jemand gestorben ist, können wir uns in Gedanken an den Geist des Verstorbenen wenden, mit ihm sprechen, alles vergeben, Glückwünsche auf die weitere Reise mitgeben und ihn in Frieden ziehen lassen. Wer gestorben ist, muss weitergehen. Das Gleiche gilt für Geister Verstorbener, die sich hier noch aufzuhalten scheinen. Wir können in der gleichen Art mit ihnen sprechen, ihre Schuldlosigkeit bekräftigen und sie sanft auf die Weiterreise schicken. Das zeigt, dass der Tod die Kommunikation nicht unterbrechen kann und Geister verbunden sind. Am Ende des Abschnitts über das dritte Hindernis wird uns nahe gelegt, kein Urteil mehr selber zu fällen und alles Urteilen Demjenigen zu übergeben, Dessen Aufgabe unfehlbares Urteilen ist, dem Heiligen Geist in mir. Sind alle diese Ideen akzeptiert, dann ist die Anziehungskraft des Todes erlöscht und das dritte Hindernis überwunden. Der Geist als Quelle allen Seins ist akzeptiert. Die Wichtigkeit der ersten beiden Stufen kann nicht oft genug betont werden, da sie es überhaupt erst ermöglichen, auf die nächste zu gelangen.

Die dritte Stufe

Ein Kurs in Wundern und NTI sind auf der dritten Stufe anzusiedeln und befassen sich mit dem Auflösen des vierten Hindernisses, der Angst vor Gott. Gleichzeitig werden Überbleibsel der darunterliegenden Hindernisse angesprochen und mit aufgelöst. So beschreibt NTI die Aufgaben in den Stufen eins und zwei auf nur wenigen Seiten, während der dritten Stufe etwa zehnmal mehr Platz eingeräumt wird.

Die Stufe des Nichtdualismus hatte Buddha zweifelsfrei erreicht, den Geist gemeistert und erkannt, was heute auch von den Quantenphysikern bestätigt wird, dass die Trennung von Subjekt und Objekt nicht wirklich ist. Jesus ging noch einen Schritt weiter und verband die Idee von Gott als Liebe als einziger Wirklichkeit mit allen bis dahin bekannten Konzepten, ohne sich von irgendwelchen Ideologien oder Dogmen täuschen zu lassen und erreichte schließlich als erster uns bekannter Mensch die vierte Stufe.

Auf der dritten Stufe lernen wir die zwei inneren Stimmen unterscheiden, die laute und voreilige Stimme des Ego zu überhören und der sanften inneren Führung des Heiligen Geistes zu folgen. Dies ist der vorrangige Zweck der Durchführung der Lektionen vom Übungsbuch. Wir lernen, dass wir nicht erste Ursache sind, uns und unser wirkliches Zuhause nicht erschaffen haben, und stellen uns wieder unter die einzig wirkliche Autorität. Dieser Prozess bringt alle Angst und Schuld zum Vorschein, weil tief in uns drin die falsche Ego-Überzeugung verborgen ist, dass ich gegen Gott geurteilt und gesündigt habe. Es fühlt sich an, wie wenn ich Gott meinen Geist gestohlen hätte und ihn jetzt zurückgeben müsste, mit allen damit verbundenen unangenehmen Gefühlen, dem schlechten Gewissen, dem Scham- und Schuldgefühl, und mich Gottes Liebe als unwürdig empfinde. Die dunklen Geheimnisse sind indes nichts, wenn sie im Lichte der Vernunft mit dem Heiligen Geist betrachtet werden, und deren negative und destruktive Energien lösen sich auf. Der Schleier lüftet sich.

In NTI wird die dritte Stufe als Prozess beschrieben, der mit dem Betrachten der Ursache beginnt, der winzig kleinen Wahnidee, dem Wunsch, dass alles sei, wie es nicht ist. Die Antwort auf den unmöglichen Wunsch ist die Welt, wie wir sie wahrnehmen. Dass alles nur eine Fantasie ist, die nach meinem Drehbuch abläuft, habe ich vergessen. Wenn ich bereit bin, kann ich mich erinnern, dass es ein anderes Drehbuch gibt, dasjenige des Heiligen Geistes, das mich da wieder herausführt. Das Urteilen lässt Illusionen wirklich erscheinen. Der denkende Geist ist der urteilende Geist oder das Ego. Ich muss wie eine leere Schale werden, indem ich alles Denken weglege. Die Schale ist ein Synonym für das Bewusstsein. Das Bewusstsein ist besetzt von falscher Wahrnehmung oder falschen Erfahrungspunkten. Das Üben besteht im Bewusstmachen und Loslassen der falschen Wahrnehmungen und im Setzen des Vertrauens in den Heiligen Geist. Die Schale, das Bewusstsein, ist nicht wirklich. Wenn die Schale leer ist, wird sie von einer anderen Erfahrung erfüllt, der wahren Wahrnehmung, die frei von Projektion unbewusster Schuld ist. Erst diese führt zur Wahrheit. Analog zum Kurs werden hier die zwei Schritte auf dem Weg zur Erkenntnis betont. Die Ursache für die falsche Wahrnehmung ist der Wunsch, dass die Dinge seien, wie sie nicht sind. Der Kern der spirituellen Praxis besteht im Aufgeben dieses eitlen Wünschens. Eine leere Schale ist die Abwesenheit von Täuschung und wird vom Heiligen Geist ausgefüllt. Ist die Schale leer, fällt die Maske mit allen eingebildeten Begrenzungen und wir treten in die vierte Stufe ein. (Ac 22 - 1Co 15, übersetzte Abschnitte aus NTI aus meinem Buch METAPHYSIS)

Die vierte Stufe

Auf der vierten Stufe wird nur noch eine Stimme gehört. Alle Ablenkungen sind ausgelöscht und es gibt keine Angst. Das Nadelöhr ist durchschritten. Projizieren von Schuld ist ersetzt durch Ausdehnen von Frieden und Liebe. "Es gibt eine Art, in dieser Welt zu leben, die nicht hier ist, auch wenn sie es zu sein scheint. Du veränderst deine Erscheinung nicht, obschon du öfter lächelst. Deine Stirn ist heiter, deine Augen blicken ruhig. Und diejenigen, die wie du die Welt durchschreiten, erkennen die Ihren wieder. Diejenigen aber, die den Weg noch nicht gesehen haben, werden dich auch wiedererkennen und glauben, dass du bist wie sie, wie du es vorher warst." (Ü-I.155.1)

NTI: "Die vierte Phase ist eine herrliche Phase, in der deine Füße den Boden kaum berühren werden. Während du auf der Erde wandelst, erkennst du, wo du wandelst, denn die Erde ist bloß ein Symbol im Geist. Du wirst nichts von Brüdern wissen, aber du wirst mit ihnen sprechen. Du wirst kein Essen benötigen, aber du wirst mit Freude essen. Musik soll dich jederzeit begleiten und doch wirst du keinen Bedarf für deine Ohren haben. Deine Sicht wird von irdischer Sicht in Sicht, geliefert vom Himmel, verwandelt sein. Alle Dinge werden neu erscheinen und du wirst kein Bedürfnis nach irgendeinem von ihnen haben. Darin soll deine Freude vollkommen sein." (1Co 15v12-19.1-8)

Der Sprung vom Nichts zum Alles in den erleuchteten Geist ist gemeistert. Die Identifikation ist nicht mehr im Körper, sondern im Geist. Das Ego, der Todeswunsch, ist nicht mehr. Die Brücke ist überquert. Hier ist das Grenzland und hier befindet sich der Durchgang zum Licht.

"Es gibt ein Grenzland des Denkens, das zwischen dieser Welt und dem Himmel steht. Es ist kein Ort, und wann du es erreichst, ist unabhängig von der Zeit. Hier ist die Stätte der Begegnung, in der Gedanken zusammengebracht werden, wo miteinander in Konflikt stehende Werte aufeinandertreffen und alle Illusionen neben die Wahrheit niedergelegt und als unwahr beurteilt werden. Dieses Grenzland liegt gerade jenseits von der Himmelspforte. Hier wird jeder Gedanke rein gemacht und gänzlich einfach. Hier wird die Sünde geleugnet und anstelle ihrer all das, was ist, empfangen. Das ist der Reise Ende. Wir haben es als wirkliche Welt bezeichnet." (T-26.III.2-3:2)

Der Durchgang zum Licht aus NTI: "Die geöffnete Tür ist die Türöffnung zum Licht, welche auch die Türöffnung zu deinem Selbst und demjenigen deiner Brüder ist, die eins sind mit dir. Durch das Passieren dieser Türöffnung kannst du nicht zurückkehren. Denn Zurückkehren würde bedeuten, vom Gewahrsein zum Glauben an Mangel an Gewahrsein und Teilung hinzuscheiden. Wer Ganzheit kennt, nachdem er Mangel an Ganzheit erfahren hat, weiß, dass Illusion kein Ersatz für Wahrheit ist." (1Co 16v5-9.1-4)

In der vierten Stufe ist der Kreislauf von Tod und Wiedergeburt beendet und jeder Geist eines Bruder als der eigene erkannt. Der Weg in die Erkenntnis der unveränderlichen Ewigkeit des Himmelreichs ist vorgezeichnet. In der vierten Stufe gibt es nur noch das Bedürfnis, das Licht und den Frieden im einen Geist auszudehnen.

Resümee

Es gibt nur einen Geist, der am Erwachen ist. Wir alle sind Teil dieses einen Geistes, der kollektiv durch diesen Prozess hindurchläuft. Als scheinbare Fragmente erfahren wir uns an verschiedenen Stellen innerhalb dieses einen Prozesses. Eine Stufe ist nicht besser als eine andere. Alle haben ihren Nutzen im Prozess des kollektiven Erwachens. Die Erfahrungen auf jeder Stufe suchen die Wirklichkeit des jeweiligen Denksystems zu untermauern. Mithilfe innerer Führung haben wir zu lernen, wann der Zeitpunkt gekommen ist, auf der Leiter eine Stufe weiter hochzusteigen. Ein Kurs in Wundern und NTI sind erst vor wenigen Jahren in die Welt gekommen, weil erst jetzt ein größerer Teil des einen Geistes bereit zu sein scheint, das letzte Hindernis zu überwinden. Als Individuum entscheiden wir uns anhand unserer Bereitschaft, auf welcher Stufe innerhalb dieses Prozesses wir uns einordnen.

Mein Interesse an der griechischen Antike, dem Schamanismus und dem Buddhismus scheint Erfahrungen aus früheren Traumleben ins gegenwärtige Bewusstsein gespiegelt zu haben. Alle diese Denksysteme haben mir in der Vergangenheit gute Dienste geleistet und mich weitergebracht. Bei der Beschäftigung mit dem Medea-Mythos kam mir die inspirierende Idee, dass es sich bei Medea analog zum verlorenen Sohn aus der Bibel um unsere kollektive Geschichte handelt. Beim Schreiben des Buches über Medea ist mir bewusst geworden, wie die vier Hindernisse entstanden sind, wie Medea in eine Abwärtsspirale geraten ist, die in vier Drehungen die vier Hindernisse aufgetürmt hat.

Das eingangs erwähnte schamanische Heilungsritual hat in diesem Traumleben keine Wirkung gezeigt, nur der physische Ansatz half. Nun ist es an der Zeit, die Vergangenheit loszulassen und im Jetzt anzukommen. Wir haben gesehen, wie die verschiedenen Denksysteme zusammenhängen, brauchen sie nicht mehr zu vermischen, geben den Schamanismus den Schamanen zurück, den Buddhismus den Buddhisten und laden alle herzlich ein, die bereit sind, einen Schritt weiter zu gehen, mit dem Kurs und NTI zu lernen, der inneren Führung zu folgen und über alles hinaus in die grenzenlose innere Freiheit der allgegenwärtigen Liebe zu gelangen.

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MEDEA, die verlorene Tochter © Bernhard Gerstenkorn
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